Zunächst befassen wir uns nur mit einer einzelnen Waage; die zweite Waage und der mittlere Balken, der die beiden Waagen verbindet, kommen erst später ins Spiel.
Die Waagschalen
Es ist wichtig, dass die Kinder beim Aufbau zusehen und mitmachen. Viel zu oft werden wir alle mit Dingen konfrontiert, die schon fertig durchdacht, konstruiert und aufgebaut sind!
Wir zeigen einen Waagbalken, zwei Waagschalen und zwei Baufix-Würfel als Gewichte. Falls die Kinder nach den Zahlen auf den Waagschalen fragen, erklären wir ihnen, dass sie etwas mit der Position zu tun haben, an der die Waagschalen im Waagbalken eingehängt werden.
Die Kinder betrachten zunächst die Waagschalen, auch von unten.
Sie erkennen, dass jede Waagschale aus zwei Teilen besteht, nämlich aus einem Bügel und einem Teller. Es ist wichtig, den Dingen Namen zu geben, damit man darüber sprechen kann.
Vorsichtig lösen wir den Teller vom Bügel und weisen darauf hin, dass der Bügel elastisch ist, aber natürlich brechen würde, wenn man ihn zu weit auseinander biegt.
Wenn Kinder mit guten Augen die Teile genau ansehen, werden sie die feine Struktur erkennen, aus der sie aufgebaut sind.
Für kleinere Kinder erklären wir: „Die Teile sind aus lauter ganz feinen Plastikwürsten zusammengeklebt. Das hat eine Maschine gemacht“. Für altere Schüler erklären wir, dass die Teile aus einem 3D Drucker kommen und mit PLA gedruckt sind. Das Material wird bei 180 Grad so flüssig, dass es durch eine Düse gepresst werden kann. Ein computergesteuerter Tisch bewegt sich unter der Düse, so dass die passende Form Schicht für Schicht entsteht. Damit der Tisch weiß, wohin er fahren muss, wird die Form der Teile zuvor mit einem Computerprogramm gezeichnet (CAD, Computer Aided Design).
Wir lassen die Kinder die Schalen wieder zusammenbauen. Und dann wieder auseinander und nochmal … Sie können auch ausprobieren, was herauskommt, wenn man Bügel und Teller verkehrt herum zusammenbaut. Dann klemmt der Teller zwar, aber die kleinen Füßchen stehen nach oben anstatt nach unten.
Spielen ist erlaubt!
Am Ende bauen wir zwei (oder gleich alle vier) Waagschalen zusammen.
Wir betrachten abschließend das „Auge“ am obere Teil des Bügels. Die Innenflächen sind angeschrägt, so dass eine ganz scharfe Kante im Inneren des Kreises entsteht. Diese Kante führt den Bügel, wenn er am Balken hängt.
So ergibt sich die Überleitung zum Waagbalken.
Der Waagbalken
Wir erklären, dass er symmetrisch aufgebaut ist. Die Zapfen mit den Kerben passen genau zu der scharfen Kante im Auge der Schalenbügel. Der mittlere Zapfen des Waagbalkens ist die Achse, um den er sich dreht. Dieser Zapfen benötigt keine Kerbe.
Wir lassen die Kinder entdecken, dass die Zapfen für die Waagschalen alle genau in einer Reihe liegen, der Zapfen für die Achse befindet sich jedoch seitlich daneben. Wir geben dazu jedoch vorläufig keine Erklärung ab.
Den Kindern wird auffallen, dass ein Zapfen abgebrochen ist (im Bild ganz links). Wir betrachten die Bruchstelle unter der Lupe (Lehrer-Handy mit Lupen-App). Man sieht, dass der Drucker die Plastikwürste im Kreis angeordnet hat, in der Mitte ist sogar ein kleines Loch zu erkennen. Anmerkung für ältere Schüler: Beim Aufbau von gedruckten Teilen genügt es oft, nur die Wände zu drucken und eventuell eine Stützstruktur im Inneren vorzusehen, wenn die Hohlräume zu groß werden. Allerdings leidet darunter die Stabilität ein wenig, so dass ein solcher Zapfen halt auch mal abbrechen kann.
Kann man den Balken trotzdem noch benutzen? Nun, er ist vielleicht nicht perfekt, aber ein wenig Herumprobieren können wir damit auf alle Fälle.
Ein Kind nimmt den Waagbalken in die Hand und hält ihn am mittleren Zapfen zwischen Daumen und Zeigefinger. Zwei andere Kinder hängen je eine leere Schale in die zweite Kerbe links und rechts von der Achse. Zwei weitere Kinder legen die beiden Baufix-Würfel auf die Waagschalen, möglichst gleichzeitig.
Fertig ist die erste Waage.
Die Waage verbessern
Damit die Waage genau anzeigen kann, auf welcher Seite mehr Gewicht liegt, kommt es darauf an, dass sich der Balken leicht drehen lässt. Wir zeigen die Einzelteile der Aufhängung:
Das kleine Metallteil auf dem Bild rechts ist ein Kugellager. Es sorgt dafür, dass sich der Balken ganz besonders leicht drehen kann. Wir zeigen die blaue Schraube, in die so ein Kugellager hineingepresst worden ist. Diese Schraube passt in den Würfel. Und in dem Loch vom Kugellager steckt dann nachher die Achse des Waagbalkens. Die andere Schraube (mit dem orangen Kopf) wird später von hinten durch die Befestigungswand gedreht und klemmt den Würfel fest. Die Kinder drehen die Schrauben in den Würfel (vorläufig ohne die Befestigungswand zu benutzen) und stecken den Waagbalken in das Kugellager.
Die Kinder wiederholen nun das Experiment von vorhin, indem sie den Balken jetzt nicht mehr zwischen Daumen und Zeigefinger halten, sondern den Würfel in die Hand nehmen, ohne den Balken zu berühren. Die Waage neigt sich! Warum? Weil auf einer Seite ein Zapfen abgebrochen ist!. Das erzeugt einen ganz kleinen Gewichtsunterschied, der dazu führt, dass die Seite mit dem abgebrochenen Zapfen ganz leicht nach oben steigt.
Es wird also Zeit, einen „gesunden“ Balken zu verwenden.
Wir haben zwei fertig montierte Baugruppen dabei, von denen wir im Moment aber nur eine benutzen. Bei den Waagbalken sind alle Zapfen vorhanden. Die Aufhänge-Positionen für die Waagschalen sind mit Buchstaben gekennzeichnet (A – F, bzw. G – L beim anderen Balken). Erklärung für ältere Schüler: Wir haben ein Blatt Papier mit den Buchstaben bedruckt, es mit Folie eingehüllt (laminiert) und dann mit einem dünnen Rahmen auf dem Waagbalken festgeklemmt.
Mit etwas Vorsicht kann man den Rahmen entfernen und das laminierte Papier herausnehmen – und dann alles wieder zusammenbauen. Aufpassen, dass die Buchstaben nicht nachher auf dem Kopf stehen!
Ein Kind dreht die orange Schraube aus dem Würfel heraus und steckt sie von hinten durch die Platte (oberes mittleres Loch). Ein (anderes) Kind nimmt dann den Würfel mit dem daran hängenden Balken und hält ihn von vorn an die Grundplatte, Dann wird von hinten festgeschraubt (nicht zu fest anziehen, leichter Klemmsitz genügt). Wenn man will, kann man auch vorher die blaue Schraube vom Würfel lösen, also den Würfel zunächst einzeln an der Platte befestigen und dann die blaue Schraube mit dem Waagbalken zusammen wieder in den Würfel drehen. Man sollte aber nicht versuchen, den Waagbalken aus der blauen Schraube mit dem Kugellager herauszuziehen. Diese Verbindung klemmt ziemlich fest, damit der Waagbalken nicht wackelt. Es besteht daher bei dem Auseinandernehmen die Gefahr, den Achszapfen abzureißen.
Ein Kind stupst den Balken an. Er dreht sich sehr leicht. Wenn man etwas kräfiger anstupst, dreht er sich mehrfach im Kreis.
Der Lehrer fragt: Fällt euch etwas auf? Ist die Drehung gleichmäßig? In welcher Position bleibt der Balken am Ende stehen? Ist es immer wieder dieselbe Position? Kann der Balken auch in einer anderen Position ruhig liegen?
Die letzte Frage führt (hoffentlich) dazu, dass ein Kind auf die Idee kommt, den Balken um 180 Grad zu drehen und ganz vorsichtig in dieser Position auszubalancieren. Applaus!
Ein anderes Kind darf dann den Balken leicht anpusten, so dass er in seine Vorzugsposition zurückkehrt. Wir erklären, dass die Vorzugsposition dadurch entsteht, dass die Drehachse des Balkens nicht in einer Linie mit der Aufhängung der Waagschalen liegt. „Denkt mal an einen normalen Kleiderbügel, dort ist es genauso!“
Für ältere Kinder erklären wir die Begriffe stabiles und labiles Gleichgewicht und benutzen den Begriff der Rückstellkraft. Wir erläutern, dass diese Rückstellkraft umso größer ist, je weiter der Zapfen für die Drehachse des Balkens von der Linie durch die Aufhängungspunkte der Waagschalen entfernt ist. Durch eine größere Rückstellkraft wird die Waage stabiler, aber auch unempfindlicher (robuster).
Und was wäre, wen die Achse genau in einer Linie läge mit den Zapfen für die Waagschalen? Richtig, dann gäbe es keine Vorzugsposition. Dann würden dem Waagbalken alle Lagen gleich gut gefallen. Wenn er also zufälligerweise schräg steht, bleibt er auch bis in alle Ewigkeit so stehen („indifferentes Gleichgewicht“ für die älteren Schüler).
Können wir das mit unserem Hebel auch ausprobieren, ohne dass wir etwas am Hebel verändern müssen?
Vielleicht kommt ein Kind auf die richtige Idee, sonst hilft der Lehrer nach: Nehmt noch mal unseren Balken mit dem abgebrochenen Zapfen (ohne die Waagschalen) in die Hand und haltet ihn so, dass der Würfel nach unten zeigt!
Hält man den Würfel genau senkrecht nach unten, so gibt es keine Vorzugslage mehr! Auch der Umstand, dass ein Zapfen abgebrochen ist, spielt jetzt keine Rolle: Wenn man den Balken dreht und die Hand ruhig hält, kommt der Balken irgendwann zur Ruhe und bleibt genau dort stehen, wo er zur Ruhe gekommen ist. Warum läuft er nicht ewig weiter – wir deuten den Begriff der Reibung an, ohne jedoch näher darauf einzugehen.
Lehrerhinweis Es ist sehr schwer, den Würfel ruhig genug und genau senkrecht zu halten. Wenn man den Würfel auch nur leicht kippt, entsteht wieder eine Vorzugslage (ausprobieren!). Diese Vorzugslage ist zwar schwächer (Sinus des Neigungswinkels für ältere Schüler) als bei normaler Aufhängung des Balkens, aber sie ist spürbar. Die Kinder sollen überlegen, wie sie es schaffen können, den Würfel ganz ruhig zu halten.
Eine mögliche Lösung besteht darin, den Würfel an einem Holzbalken festzuschrauben und dann diesen Balken mit der Hand auf den Tisch zu drücken. Man kann natürlich auch auf die Idee kommen, den Würfel (ohne Holzbalken) einfach auf den Tisch zu legen, so dass der Balken wie der Rotor eines Hubschraubers oben liegt – aber manchmal sind die einfacheren Ideen auch die schwereren … Wir führen dieses Experiment durch und beobachten, dass der Balken leicht „eiert“. Das liegt daran, dass der Zapfen nicht in der Mitte des Balkens ist (auf die Lage der anderen Zapfen kommt es dabei nicht an!). Für das indifferente Gleichgewicht ist das aber egal. Es schert sich sozusagen nicht darum.
Die Waage justieren
Betrachten wir einmal die Ruhelage des Balkens, den wir an der Trägerplatte befestigt haben, ganz genau: Ist er waagrecht?
Obwohl alle Zapfen dran sind, kann es natürlich sein, dass irgendeine kleine Ungenauigkeit bei den Abmessungen des Balkens dazu führt, dass er auf der einen Seite etwas schwerer ist als auf der anderen. Den Unterschied kann man nicht mit dem Lineal messen, dafür ist er zu klein – er liegt unter einem halben Millimeter!
Um kleine Abweichungen gut erkennen zu können, benutzen wir ab jetzt einen Balken mit Pfeilspitze und eine Skala.
Wir beginnen mit der linken Waage. Wir schrauben den Waagbalken zusammen mit der Skala fest und stupsen ihn an. Er pendelt wegen der Rückstellkraft annähernd ins Gleichgewicht. Die Skala soll genau senkrecht montiert sein. Die Zeigerspitze zeigt möglicherweise nicht ganz genau auf das mittlere Loch der Skala (= ihr Nullpunkt).
Wir haben mehrere Scheiben unterschiedlicher Dicke dabei, die man zum Gewichtsausgleich von hinten auf die Zapfen der Waagbalken stecken kann. Wenn nötig stecken die Schüler jetzt eine dünne Scheibe auf einen der Zapfen, so dass der Balken genau waagrecht einpendelt.
Jetzt hängen wir zwei Waagschalen (mit der Nummer 3) bei A und F ein. Auch die Waagschalen (oder der Abstand der Aufhängungen) können kleine Unterschiede erzeugen! Da wir vier Schalen haben, können wir zusätzlich versuchen, ein Pärchen zu finden, das besonders gut zusammen passt. Wir entfernen die Scheibe hinten am Waagbalken und ersetzen sie durch eine andere an derselben oder an einer anderen Position falls nötig. Man kann aber auch einfach eine der Scheiben auf einen Waagteller legen.
Die Schüler verstehen, dass diese Scheibe (wenn überhaupt eine nötig ist) jetzt sowohl Ungleichmäßigkeiten im Gewicht oder der Anbringung der Waagschalen als auch kleine Abweichungen innerhalb des Waagbalken selbst insgesamt ausgleicht. Für ältere Schüler: Es geht also darum, den kombinierten Effekt aller Unregelmäßigkeiten zu kompensieren.
Jetzt haben wir eine Waage, die Gewichte vergleichen kann.
Die Skala verstehen
Je nach Alter der Kinder kann dieser Schritt übersprungen werden.
Man kann die Skala eichen, wenn man die Scheiben benutzt. Eine Scheibe mit der Dicke 1mm wiegt ca. 0,4 Gramm.
Eine 5mm dicke Scheibe (2 Gramm) bewegt den Zeiger bis zum ersten Loch, eine zusätzlich 6mm Scheibe bewegt ihn etwa zum zweiten Loch; für das dritte Loch muss die zusätzliche Scheibe noch dicker sein (8 oder 9 mm).
Wenn Schüler sich darüber wundern, können wir erklären, dass die Skala nicht linear ist. Die Gewichte müssen immer stärker anwachsen, je größer der Ausschlag werden soll. Es gibt eine wunderbar einfache Art, diese Erkenntnis durch eine Grenzbetrachtung intuitiv erfassbar zu machen:
Wenn das nächste Loch auf der Skala immer durch eine weiter 5mm Scheibe erreichbar wäre, dann müsste bei zehn Scheiben der Zeiger bereits schräg nach links unten zeigen. Wenn wir zwanzig Scheiben drauf legen, müsste der Zeiger sogar nach rechts unten zeigen, Das ist natürlich Quatsch. Mehr als (fast) ganz nach links wird er nie zeigen können, selbst wenn wir ein ganzes Auto bei A dranhängen! Also muss es so sein, dass wir immer größere Gewichte brauchen, um den Zeiger in die Nähe der Waagrechten zu bringen.
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